für Verpackungs- u.a. Fachleute

Was ist Papier?

 

Papier 

einige rudimentaire Erläuterungen zum vielseitigen Werkstoff 

von

Christian MICHAEL, 8212 Neuhausen am Rheinfall

<chrismichael@bluewin.ch>

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 Was ist Papier? 

Dass Papier keine tote Materie ist, zeigen uns die Auswirkungen verschiedener Einflüsse, welchen der viel verwendete Werkstoff unterliegt. – Wer hat sich nicht schon an Papier ge-ärgert, das sich wellt oder rollt? Die Ursache sind die Fasern, Hauptbestandteil des Papiers, d.h. deren Reaktion auf Klima-Unterschiede.

Die Fasern stammen von Bäumen- oder Pflanzen, (von Stroh, Alpha-Gras, Zuckerrohr u.a.m.) Deren mechanische Aufschliessung ergibt,  bei Holz, den sogen. Holzschliff (= 70 % des Zeitungspapiers) oder, bei Pflanzen, mit dem chemischen Verfahren, Zellulose (Kochen der Pflanzenfasern in einer Lauge, unter hohem Druck).

Holzschliff und Zellulose sind für den Papierhersteller Rohstoffe, welche durch Kollern oder Mahlen erst aufzubereiten sind. Mahl-Art und Mahl-Grad bestimmen weitgehend Art und Qua-lität des Fertigproduktes. Extreme Beispiele sind: Pergamin-Papier, bestehend aus langen, dünn zerriebenen Zellulose-Fasern (sogen. Schmieriger Stoff), während für Löschpapier ver-hältnismässig grobe Fasern (sogen. Röscher Stoff) eher zerhackt werden. – Beobachten Sie die Faserstruktur eines Papiers durch Anreissen in Längs- und Querrichtung eines Blattes!

Zum Ausfüllen der Faserzwischenräume dienen sogen. Füllstoffe mineralischer Art, wie Kaolin. Je glatter das Papier sein soll, desto höher der Füllstoffzusatz. Der Füllstoffanteil beeinflusst Stabilität und Festigkeit des Endproduktes. Gewisse Druckverfahren, z.B. Tiefdruck, bei wel-chem das Papier die Druckfarbe aus den geätzten Vertiefungen im Druckzylinder aufsaugen muss, verlangen einen hohen Füllstoffanteil. – Übrigens: Füllstoffe sind bedeutend billiger als Zellulose! 

Ein Gemisch ausschliesslich aus Fasern und Füllstoff wäre nicht bedruckbar, weil nicht tinten-fest. Für diese Eigenschaft wird Leim (Kolophonium oder synthetische Stoffe) beigemischt. Man unterscheidet: vollgeleimte, dreiviertel- und halbgeleimte Papiere, und man spricht von  Stoff-Leimung, im Gegensatz zu Oberflächenbehandlungen.

Filter- und Löschpapiere sind überhaupt nicht geleimt. Buchdruck und Tiefdruck benötigen von Haus aus keine Voll-Leimung, während das Offsetverfahren vollgeleimte Qualitäten voraussetzt.

Diese alten Grundregeln spielen dank moderner Druckfarben und moderner Druckmaschinen oft eine weniger grosse Rolle. Hingegen müssen einerseits Stoff-Leimung des Papiers, anderer-seits Klebstoff und sein Auftragssystem auf automatischen Verpackungsmaschinen, aufeinander abgestimmt sein.

Die Papierherstellung 

Mit einem Anteil von 99 % Wasser wird der Papierstoff (Fasern, Füllstoff, Leim, Farben) auf das Endlos-Sieb der Papiermaschine geleitet. Saugkammern unter dem Sieb beschleunigen den Wasserentzug und damit die Bildung der sogen. Stoffbahn. Bei Bedarf läuft vor dem Sieb-Ende die sogen. Egoutteur-Walze mit, für die Einprägung eines Wasserzeichens.

Seitliches Rütteln des Siebes soll der ausschliesslichen Ausrichtung der Fasern in der Fliess-richtung (= Laufrichtung) entgegen wirken.

 Nach der Überführung auf tragende Wollfilzbahnen wird dem Papierfilm mechanisch durch Pressen zwischen Walzenpaaren und anschliessend von beheizten Trocknungszylindern das Wasser bis auf einen bestimmten Endgehalt entzogen.

  „Qualität“ 

Faserstoffe, Aufbereitung, Füllstoff, Leim und Oberflächenbeschaffenheit sind grundsätzlich für die Papierqualität verantwortlich; das Papiergewicht (gm2) richtet sich nach dem Verwendungs-zweck, ist aber nicht alleiniger Begriff für die „Qualität“. 

Vergleichen Sie ein 70 gm2 Zeitungspapier mit einem 70 gm2 holzfreien Kraftpapier, wie es z.B. für Zuckerbeutel eingesetzt wird. 

Zur Prüfung der mechanischen Eigenschaften stehen dem Papiermacher Instrumente zur Mes-sung der Reiss- und Zugfestigkeit, des Berstdruckes zur Verfügung, neben solchen für die Kon-trolle des Leimungsgrades, des Füllstoffgehaltes (= Aschengehalt) usw.

 Papieroberflächen

 Die endlose Papierbahn verlässt die Papiermaschine in der Regel maschinenglatt oder leicht (ein- oder zweiseitig) geglättet (satiniert). Höhere Glätten entstehen durch nachträgliches Satinieren, auch Kalandrieren genannt, Hochglanz durch Zuführen von Dampf auf dem Kalander (z.B. Pergaminpapier) oder durch Bestreichen, vor dem Glätten,  mit einem Deckmittel (= ge-strichene oder Chromopapiere).

 Papiere, die zur Erhöhung der Opazität Titanweiss (-Oxyd) als Stoffzusatz oder als Druckfarbe (auch bei Kunststoff-Folien) enthalten, beanspruchen Schneidwerkzeuge aussergewöhnlich stark (extrem verkürzte Standzeiten von Scheren oder Rotationsmessern!), z.B. auf Ver-packungs- und Fassoniermaschinen, welche Packstoffe ab Rollen verarbeiten.

Lackierungen oder Titanweiss als Deckfarbe, mit Druckwerk ganzflächig aufgetragen, wirken Leim-abstossend und sollten an Leimnähten bezw. an Schnittlinien (siehe Abschnitt oben) unterbleiben.

Papiergewichte (Flächengewichte) 

Das vom Besteller vorgeschriebene Flächengewicht versteht sich mit einer 
Toleranz von +/- 5 %, bei Papieren von 40 gm2,  und weniger von 6 %.

Ohne besondere Vorschrift wird der Papierhersteller deshalb eher leicht untergewichtig arbeiten, um Verluste zu vermeiden.Bei vereinbarten Gewichts-Abweichungen in nur einer Richtung (z.B. mind. 70 m2) verdoppeln sich die Standard- Toleranzen!

Braucht der Besteller wegen der Weiterverarbeitung (z.B. auf automatischen Verpackungsmaschinen) oder aus anderen Gründen ein garantiertes minimales Flächengewicht, so ist der Papierfabrik zwingend vorzuschreiben, z.B.: „mindestens 70 gm2“, womit Flächen-Überge-wichte zu Lasten des Bestellers auf + 10 % ansteigen.

Prüfmethoden

Für den Praktiker, der keine Laborinstrumente besitzt, können einige behelfsmässige Tricks von Nutzen sein:

Flächengewicht (Gramm pro m2)  

Wägen eines Papierabschnittes auf einer mikrowaage und umrechnen auf 1 m2. - Spezielle Papierwaagen, auf welchen die m2-Gewichte direkt ablesbar sind, gibt es für wenig Geld, auch in Taschenformat. 

Laufrichtung (Faserrichtung)

Bei Rollen ist die Laufrichtung selbstverständlich gegeben, d.h. die Fasern laufen (in ihrer Mehrzahl), parallel mit der Papierbahn (Rollenabwicklung).

Formatpapiere: falzen Sie in Längs und Querrichtung; parallel zur Laufrichtung entsteht ein "sauberer" Falz, gegen die Laufrichtung ein "gebrochener".

In Zweifelsfällen entnimmt man dem Format einen runden Ausschnitt, nicht ohne ihn vorher mit Bleistift so zu berzeichnen, dass seine ursprüngliche Lage innerhalb des Formates er-kennbar bleibt.

Wird der runde Ausschnitt nun benetzt, so rollt er sich augenblicklich ein. Die Achse dieses "Papierrohres" zeigt die Laufrichtung.

Zur besseren Ausnützung der Arbeitsbreite der Papiermaschine können von einem bestimmten Papierformat solche in beiden Laufrichtungen geschnitten werden: einmal in Laufrichtung, pa-rallel zur Formatlängsseite (sogen. Schmalband), einmal parallel zur Formatbreitseite (sogen. Breitband).

Auf der Format-Druckmaschine, ebenso beim Falzen, Heften und Leimen, ist die richtige Papierlaufrichtung Voraussetzung für eine störungsfreie Verarbeitung und ein einwandfreies Druckerzeugnis. 

 BÜCHER

„Goldene Regel“: Die Fasern des Buchblattes laufen obligatorisch parallel zum Buchrücken! 

Leimprobe 

Mit einer spitzigen Feder werden auf dem zu prüfenden Papier starke, sich kreuzende Tintenstriche gezogen Bei vollgeleimten Papieren trocknet die Tinte an der Oberfläche, bei teil-. oder ungeleimten Sorten verfliesst sie, besonders an den Schnittpunkten der Striche, d.h. sie dringt in den Papierstoff ein.

  

 

Originalfassung: als Instruktion für Servicemonteure einer Verpackungsmaschinenfabrik erstmals ca. 1965 verfasst.  -                                    Seitherige technische Entwicklungen vorbehalten!

DATEI: Papier13.docx/MacBook              Der Verfasser Christian MICHAEL 5/2013